Dienstag, 26.06
36° im Schatten waren es gestern auf meiner Abschiedsfahrt über Amorgos von West nach Süd nach Nord und Ost. Dünnes T-Shirt, Halbschuhe, aber mit schweissnassem Helm. Im Norden von Griechenland sind es überall über 42° mit der Aussicht auf weiteren intakten Aufwärtstrend zum Wochenende bei zunehmender Touristenschar. Bevor ich also hier ersticke fahre ich morgen mit der klimatisierten Fähre vor Sonnenaufgang nach Piräus, mit der Kuh nach Patras und mit Minoan nach Venedig.
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Bad Scoul, Schweiz, 02. Juli
Gruezi miteinander,
oft lesen sich Reiseerinnerungen auf den letzten Seiten so, als wäre der Rückweg, oder die letzten Tage in Richtung heimatlicher Gefilde keine Erwähnung wert. Bei mir ist das natürlich ganz anders.
Wo war ich stehen geblieben? Wäre ich doch besser liegen geblieben. Nein, ich bin nicht mehr umgefallen.
Am Mittwoch Morgen noch sah ich dem Horizont gelassen entgegen, freute mich auf den Rückweg und die kleinen Kykladeninselchen mal wieder zu sehen. Ausgebootet wird keiner mehr, selbst die dicken Fähren können heute auf Iraklea anlegen.
Pireus war warm, doch der Weg von Athen nach Patras schier unerträglich heiss, 45° im Schatten und ein heisser Wüstenwind bläst vom Pelepones herunter. Suez Kanal im August. Ich ziehe mir Stiefel, Socken, Jacke und Handschuhe an, saufe 2 Liter Wasser am Stück und betrachte mit Unbehagen die Löschflugzeuge im dichten Rauch über grünen Tälern und brennenden Stromkästen. Die Bilder in den Nachrichten hat wohl jeder gesehen. Menschenschicksale mit verlorener Heimat.
Am Abend im Hafen von Patras jagt die Polizei Albaner, schickt sie zurück hinter den Zaun und filzt jeden LKW , der ins gelobte Italien will. Helmstedt zur Zeit der Zone.
Menschen mit Hoffnungen
Die Schiffahrt nach Venedig ist etwas ganz besonderes. Langsam ziehen Landschaften vorbei deren Küsten ich auf dem Hinweg aus einer völlig anderen Perspektive erlebte. Syvota, Igoumenitsa, die Ostküste von Korfu. Dann ist da nur noch dieses Blau.
Von Venedig gehts durch das hügelig grüne Grappaland zurück nach Arraba und die Massage am Abend von Gilberto ist gewohnt gut.
Meine Jubelschreie aus den hunderten Kurven in Norditalien klingen mir beim Einschlafen noch immer in den Ohren. Aber das war ja noch mit Gepäck.
Am Samstag ging es los ohne Gepäck!!!!!!!!!!!
Die Südtiroler hatten alle Strassen gefegt, weil am Sonntag 9.000 Radfahrer sich auf einen Marathon begaben. Jeder, der Motorrad fährt, weiss was das bedeutet…………....... und Paolo Conte würde es vielleicht so beschreiben: „ … ratarata taratata ratataratatatata…….azzuro per mei...”
Das war nur noch am Sonntagmorgen zu steigern.
Ich schleiche mich also mit den letzten Radlern auf die Strasse zum Pordoi Joch durch Seitenwege in Arraba. Die Radler fahren nach links und ich hinter der Absperrung nach rechts.
DANN HATTE ICH DIESEN PASS UND 36 KEHREN FÜR MICH GANZ ALLEINE. Glücklich und jodelnd in jeder Kurve durfte ich meine Ängste vor Rechtskurven, Schotter, Romas, Hitze und Wind, Umfallen und liegen bleiben hier auf dem Pordoi Pass rauspusten.
Glück pur.
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Der letzte Tag, die Sonne scheint vor dem Fluela, Da vos teuer ist, fahr ich durch, den Rheinfall und die Fahrt durch den Schwarzwald geniesse ich im strömenden Regen mit breitem Grinsen und grossem Dankeschön an die, die mich unterstützt und begleitet haben.
Beste Grüsse aus Emmendingen
Jürgen Jansen, im Sommer 2007
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