Usedom - Neuss & alles braucht seine Zeit..............................................................................zurück zur Reiseseite von Jürgen Jansen

Teil I Usedom - Stettin - Berlin

Teil III: von Nienburg an der Saale nach Bad Orb im Spessart
7 Tage, 490 km, 4.100 hm, Regen, welcher Regen?
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An Radwegen benutzte ich Saale-Radweg, Ilm-Radweg, Mittelland-Route (D4) Apfelstädt-Route, Mommelstein-Radweg, Rosatal-Radweg, Feldatal-Radweg, Emberg-Radweg, Ulstertal-Radweg, Milseburg-Radweg, hessischer Fernradweg R3




Hier war eine Streckenkarte verlinkt. Da GPSies an einen amerikanischen Investor verkauft wurde, habe ich die Karte gelöscht.



Nienburg/Saale-Bad Orb gefahrene Strecke

zurück Teil II Berlin - Nienburg an der Saale
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4 Stunden verbrachte ich gestern ich Nienburg und eine Stunde am Telefon mit Gesprächen über das Erfahrene. Anschliessend war ich nur noch erschöpft und fuhr die Strasse entlang nach Bernburg, um dort zu übernachten und zu schreiben. Mit dem Besuch in Nienburg sind die Ziele meiner kleinen Reise eigentlich erreicht und mittlerweile sehe ich immer mehr meine Oma als die wahre Heldin der Geschichte.
Ich könnte jetzt nach hause fahren und Mama umarmen. Doch das muss warten. Ich fahre jetzt erstmal nach Bad Orb.

Bernburg – Halle – Leuna – Bad Dürrenberg

Heute wollte ich einfach nur fahren, fahren, fahren! Keine Termine, keine Aufgaben, keine Recherche, keine Vergangenheitsbewältigung, keine Telefonate und keine Kerzen halten mich auf. Nach 96 km lande ich glücklich und zufrieden hinter Leuna in der Pension am Saalestrand, die ich für mich ganz alleine habe.
Etwas verwirrend erschien mir die Beschilderung vom Saale-Radweg in Bernburg, und in Halle ist die Beschilderung nichts für Kurzsichtige.
Aber 15° bis 20° und reiner blauer Himmel lassen auch das vergessen!

Bad Dürrenberg – Weißenfels – Naumburg – Bad Kösen – Saaleck - Bad Sulza

„blauen Himmel kannten wir nicht. Hier war es immer grau in grau“ (ein Bekannter aus Weißenfells 2001)

Heftigster Gegenwind, Sonnenschein und tolle Landschaften, perfekte und abwechslungsreiche Radwege, die Freude auf Bad Kösen und Bad Sulza lassen mich nicht davon abhalten im Restaurant Alter Felsenkeller, zwischen Schönburg und Naumburg, anzuhalten und leckeren Wildbraten mit Thüringer Klößen zu vertilgen.
Den Nachtisch gönne ich mir anschließend in Bad Kösen in der besten Konditorei on Tour.
Am Saaleck wechsle ich auf den Ilmtal-Radweg und kullere nach Bad Sulza. Über diese kleine Stadt und meine dortigen Erlebnisse könnte ich mittlerweile ein Buch schreiben. Das ist aber eine andere Geschichte und gehört hier nicht hin.

Bad Sulza ist fast ausgebucht und so bekomme ich zunächst nur für eine Nacht ein Zimmer, denn morgen ist Ruhetag. Aber vorher muss ich noch den zweiten Platten am Hinterrad auf dieser Tour flicken. Am Brunnen vor dem Kurpark mache ich das mit Liebe.

Ein kleiner Tipp am Rande für die, die dem offiziellen Saale-Radweg zwischen Naumburg und Klein-Heringen nicht folgen möchten. Bei der Saalebrücke in Naumburg fahrt ihr über den Damm Richtung Café Fischhaus (Höhe Schulpforte) und weiter geradeaus nach Bad Kösen. Nach einem Leckerstopp bei Schoppe geht es weiter über die Brücke, links durch den unteren Kurpark und anschließend über die Straße nach Klein-Heringen. Landschaftlich schöner sind natürlich die Weinberge und der Weg über die Rudelsburg.

Der Ruhetag hat mir gut getan.

Bereits um 10:00 Uhr hatte ich ein neues Quartier, ein wirklich feines Quartier, so richtig schön mit Blick auf den Kurpark, lauschigen Sitzgelegenheiten, herzlichen Gastgebern und perfektem Frühstück. (Nein, es ist kein Bett & Bike Betrieb). Nach Süddeutscher Zeitung, Sauna, stundenlangem Liegen im warmen Solebad und diesen unverwechselbaren Thüringer Klößen beendete ich den Tag mit einem Abendspaziergang und einem „Swimming Pool“ in der Hotelbar an der Therme. In dieser Bar war ich vor.........…………(ach ne, besser nicht) http://www.rad-forum.de/images/graemlins/default/laugh.gifhttp://www.rad-forum.de/images/graemlins/default/laugh.gif

Bad Sulza – Eberstedt – Zottelstedt – Osmannstedt – Weimar - Erfurt - Molsdorf - Apfelstädt

In den letzten elf Jahren hat sich entlang des Ilmtal-Radweges unglaublich viel getan und ich könnte vor Vergnügen aus dem Sattel hüpfen, wenn ich diese Landschaft sehe. Unser alter Globetrotter und Farbenspezialist ist wohl auch deshalb - und nicht nur der Frauen wegen - an seine alte Wirkungsstätte zurückgekehrt.
Zwischen Goethepalast, Goetheplatz, Goethehaus, Goethefriseur, Goethes Stuben und Grill suche ich vergebens nach den Schillerlocken neben der Goethe Galerie, verzichte auf das Goethe-Eis und radle weiter Richtung Westen entlang der Mittelland-Route (D4) über Hopfgarten in die Erfurter Altstadt. Einem Besuch der Fußgängerzone kann ich nicht widerstehen und entdecke Altes in neuem Gewand.

Nutze die sonntägliche Sonne, denn irgendwann soll ja der Wetterumschwung kommen

denken sich auf der Mittellandroute Hunderte Fahrradfahrer und sie zeigen sich südlich von Erfurt im besten Sonntagsstaat. . 4 Jogger empfehlen mir Pension und Gasthaus in Molsdorf. Doch hier ist alles belegt und geschlossen. Bestens versorgt werde ich jedoch nach 90 km und überraschenden 600 hm in einer unscheinbaren Pension in Apfelstädt.

Apfelstädt - Rennsteig - Breitungen (Werra)

Nun gut, heute will ich zum Rennsteig, genauer gesagt zur Ebertswiese, hoch oben auf dem Rennsteig. Doch die Brocken auf dem Wege finde ich vorher. Zunächst traue ich der Beschilderung der Apfelstädt-Route ab Schwabhausen in Richtung Truppenübungsplatz nicht wirklich und fahre ein Stück Bundesstraße. Vorbei an staunenden Kühen ist das bei heftigstem Verkehr ohne Randstreifen bergauf keine Freude. Im Bereich des Truppenübungsplatzes finde ich den Weg zurück und bin begeistert über die umgebaute Bahnstrecke, die leider in Tambach-Dietharz mit dem zweiten Frühstück endet.

Den nachfolgenden, zweiten im Weg liegenden Brocken, habe ich mir auch selber dahin gerollt.

Meinem Track, den Wanderschildern und dem Rat eines berenteten Golf Fahrers folgend, darf ich mich an der Schönheit und Ursprünglichkeit des Thüringer Waldes nur bis kurz vorm Splitterfall erfreuen. Die Schönheit dieses Wasserfalls erschließt sich mir aufgrund der Topographie mitten im Wald leider nicht mehr. Ich kehre um, folge an der Fünf-Wege-Kreuzung dem vermeintlich richtigen Fahrweg und quäle mich bis zu einer Teerstraße, die jedoch ausschließlich in die falsche Richtung führt. Der zweite LKW-Fahrer kann helfen und ich erreiche den Rennsteig am „Kreuz“ mit Wegen in sechs verschiedene Richtungen.

„Ene mene muh und weg bist du!“
Nachdem ich die getöteten Fliegen vom Schweiße meines Angesichts abgeknabbert, meinen Nikotinspiegel reguliert und mein Navi verflucht habe, möchte ich jetzt so schnell als möglich ins Tal und fahre einfach den Berg runter. Der nächsten Abzweigung folge ich intuitiv nach rechts. Der Splitt auf dem Weg wird nicht weniger, nur das Gefälle erhöht sich auf 15 % im Tal unterhalb der großen Hirschbalzwiese Richtung Klein-Schmalkalden. „Lenker mit lockeren Schultern fest halten, Popo nach oben & hinten, die Füße fest auf den Pedalen“ und der Glaube an die elf Kölner Gebote bei angespannter Bauchmuskulatur scheinen auf solch einem Weg erste Wahl zu sein. Auf der Landstraße, runter ins Tal, fahre ich dann, als gäbe es kein Morgen mehr.

Erst ab Floh entdecke ich die Mommelstein-Route und folge diesem Bahntrassenradweg bis an die Werra. In Breitungen, im Gasthaus "Zur Linde", mache ich Quartier und wundere mich, dass mein barometrischer Tacho nur 600 Höhenmeter anzeigt. Das muss am Wetterumschwung liegen, der ja morgen kommen soll.

Breitungen - Wernshausen - Umshausen - Wiesenthal - Emberg - Buttlar - Tann (Rhön)

Natürlich kommt heute kein Wetterumschwung, auch wenn mir das der Wind mit seinen Böen von vorne ins Gesicht fauchen will. Zusätzliche 700 Höhenmeter machen es nicht leichter und lassen mich an meiner Planung quer über die Rhön zweifeln. Einfacher wäre sicherlich der Weg von Breitungen über Salzungen und Vacha nach Tann gewesen. Doch der Ausblick vom Emberg ist wirklich zu empfehlen und bei der Abfahrt nach Buttlar fühlte ich mich doch tatsächlich wie ein Freiberufler, der am Sonntag seine Rechnungen schreiben darf.

Der Rosatal-Radweg führt den interessierten Radler teilweise erdgebunden und langsam von der Werra in die Rhön. Die meisten Hinweisschilder sind geklaut oder abgebrochen. Schuld seien die jugendlichen Discobesucher, die mit den Emblemen am Wochenende im besoffenen Kopp ihre Liebsten erfreuen wollen. Das stört mich nicht weiter, doch ein Schild wurde verdreht und ich verfluche auf einem knackigen Feldweg diese bösen Jungs.

Der Feldatal-Radweg zwischen Umshausen und Wiesenthal ist mir in guter Erinnerung, wenn sich auch andere Teile dieses Weges wohl erst in der Planungsphase befinden.

Von Wiesenthal hoch auf den Emberg wähle ich die Straße, weil der Radweg jeden Buckel auf Schotter mitnimmt. Auch vom Emberg führt der namensgleiche Radweg erst noch einmal wieder nach oben. Die Straße runter nach Oechsen ist hier die bessere Alternative.

Zwischen Oechsen und Buttlar kann es aber wohl nichts Schöneres als die alte Bahntrasse vom Emberg-Radweg geben.
Weiter geht’s über den schnellen Ulster-Radweg und bei Motzlar quere ich die Grenze von Thüringen nach Hessen.

„Willkommen in Hessen. Willkommen in Tann im ehemaligen Zonenrandgebiet der alten Bundesrepublik“.

„Sie sind aber beladen! Wo kommen Sie her?“
„Von Wolgast, oben an der Ostsee.“
" Achso, Westerland. Ja kenne ich. War aber ne weite Strecke, nich?

So wurde ich schon vor der Pension mit 12 toten Fliegen hinter der 40 Jahre alten Gardine in Tann empfangen.
1.500 km habe ich jetzt seit dem letztem Jahr durch Mecklenburg, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Berlin und Thüringen auf dem Sattel gesessen, möchte keinen Meter dieser Strecke missen und bin immer wieder von dem Erlebten begeistert. Wenn Unwissenheit vor der Pension dann noch im Restaurant garniert wird mit „ach, die da drüben“ oder „die Polen, die arbeiten ja nix“, dann rege ich mich mittlerweile über dieses dummdreiste Stammtischgequatsche nur noch auf.
Bin ich vielleicht auf dem Rad zu sensibel geworden?
Angesichts des Friedensnobelpreises für die EU frage ich mich jedenfalls, wie lange es noch dauert, bis der Frieden in den Köpfen und in den Herzen der Menschen endlich angekommen sein wird. Muss es erst wieder eine Kubakrise mit Berlin als Pfand geben, müssen sich erst wieder Panzer am Checkpoint Charlie gegenüber stehen, damit auch endlich der letzte begreift, dass wir in Europa und der Welt ohne unsere Nachbarn und die anderen Länder auf unserer Erde nicht existieren können?

Thann - Aura - Fulda

Ich hake die Pension, den Stammtisch in der Landmetzgerei und die ewig gestrigen ab. Heute bin ich der Überzeugung, dass, wenn nach der Wende das ehemalige Zonenrandgebiet mit den gleichen Abschreibungsmöglichkeiten gesegnet worden wäre, die Bewohner hier nicht so griesgrämig und verbittert denken würden.
Aber ich wollte den Rückspiegel ja einklappen und düse weiter mit dem Blick nach vorne. Ab Aura schleiche ich dann mal wieder gegen den angekündigten Wetterumschlag den Bahntrassen.Radweg hoch und schau immer wieder zum Hinterrad, ob ich nicht doch durch Pattex gefahren bin. Es ist der letzte Anstieg vor dem längsten Radtunnel in Deutschland, dem Milseburgtunnel.
Die Abfahrt genieße ich heute nicht wirklich, denn nach 19 Tagen alleine auf dem Rad fühle ich mich müde und bin schlecht drauf. Auch fehlt mir seit Nienburg die Motivation. So mache ich in Eichenzell bei Fulda Schluss, lege mich ins Bett und schlafe 14 Stunden am Stück.
Das entspricht 15,7 Minuten Schlaf pro gefahrenen Kilometer.

Fulda - Schlüchtern - Bad Soden - Wächtersbach - Bad Orb

Entlang des hessischen Fernradweges R3 im Kinzigtal rolle ich ab Schlüchtern nur noch bergab. An der Kinzigtalsperre packe ich zum letzten Mal Kocher und Espressokanne aus, liege im Sonnenschein auf meiner Bastmatte und habe nichts zu tun, außer Nichts zu tun.
So ist’s auch schön.
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Die letzten Meter zum Bahnhof nach Wächtersbach sind schnell abgehakt und mit einem Tipp für eine preiswerte Pension in der Tasche suche ich den Radweg nach Bad Orb. Ausgeschildert ist hier nichts. Nach Orb fährt ja auch keiner mit dem Rad, denn das Alter der Gäste entspricht durchaus der ehemaligen 4-stelligen PLZ 6482. So kurbele und schiebe ich mich hinter Aufenau den Buckel hoch, habe oben einen versöhnlichen Blick auf Bad Orb und werde mit einer Milchhütte überrascht. Eiskalt läuft mir ein Liter Bio-Milch den Rachen runter.

Das selbst gebraute Kärrners am Abend ist erquickend und labend. Die Bürgersteige berühren zwar nach 18:00 den Sternenhimmel, doch die Pension ohne Homepage ist wirklich vom Feinsten.

Den nächsten Tag verbringe ich schlendernd von Café zu Café, gönne mir eine wirklich gute thailändische Massage, ärgere mich über nicht ausleihbare Bademäntel in der Toskana Therme und komme nach 1.210 km, 2 Platten und 135 Minuten Regen zu folgenden Ergebnissen:

Im nächsten Jahr mache ich wieder eine Radreise, bleibe meinem grünen 58er PatriaTerra+, meinem Radhändler, und dem Rad-Forum treu.


…..diese Reise war faszinierend und reich an Ereignissen, die mich lange nähren werden.

Jürgen

Bevor jemand fragt, warum ich bloß nach Bad Orb gefahren bin?
Wir hatten hier unser 2-tägiges Herbst-Treffen und haben uns gegenseitig im 35° warmem Wasser auf Händen getragen ~ ~ Oceanic Bodywork

Ein Freund brachte mich am Sonntagabend nach Köln und die S-Bahn nach Neuss. Der Wetterumschwung war mit mir angekommen.

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