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................nachdem der erste Teil der Reise eher vom Drama bestimmt war, hat sich auf dem weiteren Teil der Tour nichts Schlimmes mehr ereignet.

Es war nur noch schön und mit Hilfe aus dem Radreise-Forum wurde es von Tag zu Tag schöner. schmunzel
schmunzel schmunzel
Hier war eine Streckenkarte verlinkt. Da GPSies an einen amerikanischen Investor verkauft wurde, habe ich die Karte gelöscht.



Schengen - Emmendingen gefahrene Strecke
Teil II „Vive la France!"
oder: „auf dem Wege der Selbsterkenntnis von Schengen nach Emmendingen" grins
Samstag

Seit ich heute Morgen in Ehnen an der Mosel losgefahren bin, begleitet mich feinster Nieselregen und so habe ich gar keine rechte Lust, mich in Schengen länger aufzuhalten, obwohl hier europäische Geschichte in bester Art und Weise geschrieben wurde. Das Schengener Abkommen vom 14. Juni 1985 betraf ja zunächst nur die Beneluxländer, Frankreich und West-Deutschland. Was ist es doch für eine große Freude, sich heut zu Tage völlig frei, von Portugal bis an die Grenze zur Ukraine, bewegen zu können. Nur die alten französischen Franc vermisse ich doch ein wenig.

Schade, auf dem Weg zum ersten französischen Ort Apach am Dreiländereck D-L-F fehlt das obligatorische Hinweisschild nach Paris. Dafür empfängt mich ein Eiffelturm "en miniature", der mich an meinen ersten Aufenthalt in Paris und die französischen Autofahrer erinnert, denn, so meine Erfahrung, "jeder Franzose weiß, wie breit sein Auto ist." omm
Diese Erinnerung sollte mich in ganz Frankreich nicht täuschen. Ich habe selten so viele rücksichtsvolle Autofahrer erlebt wie auf diesen kleinen und kleinsten Straßen. Dabei spielte es überhaupt keine Rolle, ob ich meine Fuhre den Berg hoch geschoben habe oder mit meiner bevorzugten Reisegeschwindigkeit von 18 km/h gemütlich gefahren bin.

In Sierck-les-Bains verlasse ich die Mosel und krabbel hoch in das Departement Moselle. Vorbei an der Auberge Klaus mit ihrer Foie gras Produktion genieße ich auf der Höhe den Ausblick über die Felder und auf das Kernkraftwerk Cattenom. Dabei frage ich mich, ob wir wirklich jedes Jahr 300.000 Elektromofas zusätzlich benötigen. träller
Der weitere Weg zu meinem heutigen Etappenziel Monneren ist mir wohl vertraut. Wie oft bin ich wohl diese Strecke schon gefahren?

Monneren war in der Planungsphase mein erstes Etappenziel, da ich hier zwei Ruhetage verbringen und die Zeit mit Freunden in dem von Ellen und Albert so herzlich geführten Seminarhaus "der Werkhof" teilen wollte. Dieses Treffen konnte nicht stattfinden und doch fahre ich hin zu diesem Ort, der für mich eine große Bedeutung auf meinem persönlichen Weg hat. Dies ist zwar eine andere Geschichte, lach doch sie hat wiederum mit meinem Umzug ins wunderschöne Emmendingen, meinem zweiten Etappenziel, zu tun. Die Bedenken, dass das Seminarhaus an diesem Wochenende nicht besucht ist, lösen sich die jedoch in Luft auf, als ich den belegten Parkplatz sehe. Ich werde auf das Herzlichste begrüßt, beziehe ein sonniges Zimmer und stromere durch den liebevoll angelegten Garten mit meiner Kamera.
Hier fühle ich mich zuhause. Gleichzeitig bin ich traurig, dass unser Treffen im Warmwasserpool nicht stattfinden konnte.
Schade, ich hätte mich so gerne ins warme Wasser gelegt und auf Händen tragen lassen. verliebt
Sonntag

Die Route von Monneren Richtung Vogesen habe ich mit dem Bike-Route-Toaster geplant, den Track auf mein neues Navi kopiert und dem fahre ich jetzt fröhlich hinterher. Dabei wundere ich mich des Öfteren über welche kleinen Wege ich geführt werde. Dazu muss ich aber sagen, dass ich nicht nur einen Ersatzschlauch vergessen habe, sondern auch die freigeschaltete TOPO Karte, so dass ich zwar weiß und sehe, wo ich bin, aber ich kann nicht routen, denn die Kartenkopie lässt dies nicht zu. Aber was soll's! Ich finde meinen Weg auch ohne diese elektronischen Helferlein. Schließlich bin ich auch in der Lage, den Defekt einer kaputten Rohloff zu beheben. bäh lach
Über winzige Straßen (weiße und gelbe Farbmarkierung auf den IGN 100.000 Karten) trödel ich die Hügel rauf und runter und freue mich über die Entscheidung, vor drei Jahren mein Motorrad verkauft und mir ein Fahrrad gekauft zu haben. Warum es aber in dieser Gegend immer mit 8 % und mehr den Berg rauf, aber nur mit 4 % wieder runter geht verstehe ich nicht. Würde ich die Strecke anders herum fahren, wäre es sicherlich genauso. zwinker

Manchmal regnet es wie aus Eimern. Gelegentlich retten mich Vordächer. Einmal lasse ich mich vom rechten Weg abbringen und folge einem Ratschlag, der mir letztendlich nur eine richtig fette Steigung beschert. Aber es ist ein herrlicher Tag auf diesen französischen Straßen, die kilometerlang über Felder und durch Wälder geradeaus gehen, niemals enden und sich ganz weit da hinten mit dem Himmel vereinigen wollen. Mit großer Lust streife ich durch Dörfer, in denen die Häuser nicht so aussehen, als seien sie aus dem nächsten Baumarkt billigst verschanduliert worden. Mit breitem Grinsen radle ich schließlich hinunter nach St. Avold, folge der Hotelroute und verbringe die Nacht im Hotel. Mein Fahrrad steht sicher vor der Theke der Rezeption.
Es ist Sonntagabend. Die Suche nach einem Restaurant gestaltet sich schwierig in dieser Stadt, die mir so leer und trostlos vorkommt, wie die Plauderecke vor einigen Tagen am frühen Morgen. Da bist du froh, dass du endlich mal ein gescheites und kostenloses Netz hast und keiner ist da, bei dem Du dich über dies und das und jenes ausweinen kannst.
Das sollte sich morgen hier in St. Avold aber ändern! lach lach
Montag in der Plauderecke vom Rad-Forum grins

Juergen: Ich sende euch herzliche Grüße aus Frankreich! lach
Jose Maria: Hallo Jürgen wo bist du?
Juergen: in St. Avold, tolle Lichtstimmungen unterwegs bei Regen und Sonnenschein
Bremerin: hast du eine gute Reise?
Juergen: jou, bin aber froh, wenn ich am Samstag zum Meisterkoch gehe wein
Jose Maria: St. Avold kenne ich. Da sind wir mal auf einer Forumstour durchgekommen sehr schön dort.
Juergen: Ich finde es überhaupt nicht schön hier. Es ist trostlos die Sonne scheint auch nicht und hier gibt es zu viele Berge schockiert
Bremerin: ach das schaffst du schon, ging mir anfangs auch so wein
Juergen: das war vielleicht eine Buckelei hierhin. 8 % 9 % 10 % rauf, ich bin groggy!
Jose Maria: aber is doch schön oder? wenn du dann oben bist grins
Jürgen: …….. ach Jose, ich liebe Flussradwege
Jose Maria: mach langsam musst nur ruhig atmen omm
Jürgen: danke, ich versuchs, gleich gibt's Frühstück, ich packe jetzt und wünsche euch einen schönen Tag, bis bald tschööökes

So oder ähnlich muss sich das an diesem Montag zugetragen haben lach

Nun kenne ich Jose Maria und die Bremerin persönlich und höre förmlich ihr Grinsen im Hintergrund…………..
Jose Marias Bemerkung "is doch schön, oder?" begleiten mich nun über den nächsten Buckel und den übernächsten Buckel und den überüberübernächsten Buckel, im Prinzip den ganzen Tag und die ganze Tour und lassen mich dieses trostlose St. Avold, in dem sich der größte amerikanische Friedhof Europas befindet, vergessen. Es ist schön und Joses Worte verleihen mir Flügel! Ob nun ein Buckel oder ein Tal kommt, irgendwie ist es mir wurscht. Es macht nur noch Freude an diesem sonnigen Tag. Die Welt ist wirklich so, wie ich sie sehe. schmunzel

Die Entscheidung, wohin mich der nächste Tag führen soll, war damit getroffen. Nein, nicht die Ausweichstrecke über Saarebourg am Kanal entlang nach Straßburg, sondern übern großen Buckel. lach
Durch kleine Dörfer, die mich mit ihren maroden Charme gefangen halten, fahre ich entlang der D22 und D27 Richtung Saarebourg , quere den Rhein-Saar Kanal und finde am Fuße des großen Buckels in Niederviller ein schönes Privatzimmer. Nicht nur sonntags sondern auch montags haben in Frankreich die meisten Restaurants geschlossen. Die Empfehlung der Wirtin, außerhalb des Ortes das Restaurant zu besuchen, war die einzige Möglichkeit für mich etwas zwischen die Kiemen zu bekommen und entpuppte sich mit einer riesigen Schweinshaxe nach 70 km als perfekter Ausgang eines wunderschönen Tages. bier
Dienstag

Heute, am 8. Mai, feiert Frankreich den Tag der Befreiung. Auch Frau Wirtin freut sich über diesen Tag. Lächelnd gibt sie mir abschließend einen Tipp für den weiteren Weg und meint, dass, wenn ich den Weg nach Dabo nicht schaffen sollte, dann könne ich oben beim Restaurant Schreiber links runter zum Schifflift fahren. Schifflift? Ja, den Schifflift, flötet sie und schon habe ich ein neues französisches Wort für „Schiffshebewerk“ gelernt. lach
Den Feiertag (am Abend werde ich wieder kein französisches Restaurant finden) nutzen viele Franzosen und sind bei dem Sonnenschein auf dem Rad unterwegs. Vor dem Anstieg nach Dabo sitze ich auf einer Trockenmauer, rauche gemütlich meine obligatorische Zigarette und guck in die Gegend. Dabei nicke ich freundlichst drei Rennradfahrern zu und erhalte als Antwort ein grinsendes bon appetit. Da plagt einen schon manchmal das schlechte Gewissen und ich brauche mich doch wirklich nicht zu wundern, wenn mir oft die Luft weg bleibt und ich Schiss vor den Vogesen habe.

Es gibt im Rad-Forum einen Raucher, der sehr eindrücklich erklärt und beschrieben hat wie man gut einen Berg hoch und wieder runter kommt. Ich habe das für mich so interpretiert, dass ich langsam fahre, dabei ruhig atme, nämlich tief in den Bauch, und in Gedanken nicht schon wieder gestresst 500 m weiter bin. So schaffe ich Meter um Meter, sicherlich mit mehr Pausen als unsere Helden hier, den Berg hoch und freue mich wie ein kleines Kind, als ich oben am Col de Valsberg laut in den blauen Himmel brülle:
is doch schön, oder? Ja, es ist schön, hier oben zu stehen und den inneren Schweinehund besiegt zu haben. Für viele von euch mögen das ja alles Peanuts sein und lächerlich in ihren Ohren klingen. Für mich ist das überhaupt nicht lächerlich! Ich schreibe das hier auch so ausführlich, um den ein oder die andere zu ermutigen, gleiches zu tun.
Umso mehr freut es mich dann doch, als ein Mountainbikefahrer mit Bewunderung mein Fahrrad anhebt, dabei ein lautes oh jeeeeee über die Lippen bringt und sich dabei fast das Kreuz durchbricht. lach

Die Abfahrt nach Wasselonne erlebe ich mit großem Respekt, mit großem Respekt vor denen, die sich waghalsig mit ihrem Reiserad in die Kurven legen und diese Geschwindigkeit - vielleicht wie in einem Rausch - erleben. Ich fahre eher langsam den Berg runter. Ja, ich fühle mich unsicher, habe Angst vor dem böigen Wind am Abgrund. Ich bin das erste Mal in meinem Leben auf dem Fahrrad in den Bergen. Nur da, wo es lange geradeaus geht, lass ich es laufen.
Den Abend verbringe ich abschließend in einem China Restaurant in Wasselonne.
Mittwoch
In meinen Notizen steht: der Tag des Gegenwindes. teuflisch

Herrschte auch in den letzten Tagen viel Gegenwind, so habe ich heute das Gefühl, als säße jemand in Basel mit einer übergroßen Windmaschine und bläst alle Luft gleichzeitig von Süd nach Nord durch das Rheintal. Selten war es, dass ich so etwas erlebt habe!
Im Elsass kullere ich mit 13 km/h bei beginnendem Regen durch Soultz-les-Bains auf der Suche nach einem Vordach. Aber als geborenes Glückskind finde ich die weltbeste Patisserie und komme aus dem Staunen nicht mehr heraus. Ich kaufe Schokolade, vertilge Himbeertörtchen zum Kaffee, um anschließend mit großem Herzschmerz die Patisserie KlugesHerz zu verlassen und einen Radweg abseits der D422 zu finden, der mich ruhig nach Obernai führt.
Hinter Erstein überquere ich erstmalig die Ill lach Anschließend geht es über den Rhein und ich fahre wider besseren Wissens bis zur Fähre bei Rhinau durch völlig verseuchtes Mückenland den Rheinradweg entlang. Von hier ist es dann nur noch ein Katzensprung nach Herbolzheim, meinem ersten Etappenzwischenziel.

Dabei komme ich durch Kappel-Grafenhausen. Hier endete vor drei Jahren der erste Tag meiner ersten Radreise nach 38 km. Fast wäre ich in der Hitze damals vom Rad gefallen und völlig fertig entstand an diesem Tag in meinem Kopf der Titel "Soll ich mich quälen, oder..... Ich radle etwas wehmütig durch diesen Ort. Es hat sich viel getan bei mir, und heute von hier noch nach Emmendingen zu fahren, würde mir jetzt keinen Stress mehr machen. Ich bin froh, ein Reiseradler mit neu gewonnener Lebensqualität geworden zu sein, aber ich bin kein Bergteufel. Die geplante Fahrt hoch zur Route de Crete am kommenden Sonntag werde ich nicht machen. Bei der Planung im Januar muss ich doch irgendwie in einer manischen Phase gewesen sein. wirr
Ja, so ist das auf dem Weg der Selbsterkenntnis

Am Abend sitze ich in Herbolzheim mit Uwe (R.I.P. traurig ) und Moni auf der Terrasse. Die Kinder sind im Bett und hinter der Rheinschiene sind die Vogesen heute für mich mehr als nur eine Silhouette vor der untergehenden Sonne. Sie stehen dort, als seien sie das sichtbare Abbild meiner inneren Grenze. Bei einem der letzten Biere lehne ich das Angebot von Uwe ab, dass er mich mit seinem Auto hoch zur Crete fährt. Nein, ich möchte mit eigener Kraft durch das Elsass, den Sundgau und den Schweizer Jura den Bieler See erreichen. Basta.
Und morgen mache ich nichts, gar nichts. bier bier
Freitag

nach dem gestrigen Ruhetag fahre ich heute 22 km bei 34° ins schöne Emmendingen, meinem zweiten Etappenziel. Hier habe ich sechs Jahre gelebt, bin meiner alten Heimat tatsächlich untreu geworden.
Ich trinke Kaffee, wo ich immer Kaffee getrunken hab. Ich besuche Maria und Antonello in der Vinoteca, wo ich so oft die weltbesten Involtinis gegessen, einen guten Primitivo getrunken und meinen letzten runden Geburtstag mit Freunden und Familie bis weit in den Morgen gefeiert habe.
Ich fahre die Wege, die ich immer gefahren bin, nur das kurze Stück zur Hochburg mit 12 % Steigung, das erreiche ich diesmal nicht zu Fuß.
Der kleine Schlenker über Windenreute öffnet mir den Blick auf das Panorama dieses wunderschönen Platzes. Auf der Domäne Hochburg angekommen, treffe ich meine alten Nachbarn und nach einer ordentlichen Dusche (ja doch, die kannte ich auch schon) treffe ich mich mit meiner ehemaligen Liebsten und ihren beiden Kindern im Eiscafe. Wir lassen diesen Tag am Abend friedvoll und freundschaftlich beim Grillen auf der grünen Wiese mit einem Panoramablick auf Kaiserstuhl und Vogesen ausklingen. wein
Samstag

Erst am Mittag fahre ich los. Ich hab's heute nicht weit bis zum nächsten Zwischenstopp im Elsass.